Artikel

Kippenberg, Johanne (1842 – 1925)

Johanne Kippenberg, geb. Koch, förderte als Schulleiterin die Mädchenbildung.

9.2.1842 in Jever – 2.11.1925 in Bremen

Johanne wuchs in der großen Familie des Tischlermeisters Johann Gerhard Koch (1830-1880) und der Anna Christina Oetken (1813-1887) auf, in der in patriarchaler Weise Handwerksbetrieb und Familienleben eng verbunden waren. Johanne wurde wie üblich in den weiblichen Handarbeiten ausgebildet und war als 17jährige in der Lage, sich ihren Unterhalt als Posamentiererin zu verdienen.

Von stärkerem Einfluss auf ihr künftiges Leben war aber der Unterricht an der Städtischen Mädchenschule in Jever, der ihre Begeisterung für Literatur und Geschichte weckte und ihr erste Vorstellungen von einer recht verstandenen Mädchenbildung vermittelte. Als 20-Jährige ging sie in die „Großstadt“ Bremen, um sich am dortigen Lehrerinnenseminar von August Kippenberg (1830–1889) auszubilden. Nach neunmonatiger Vorbereitung begann ihre Unterrichtstätigkeit. Mit 22 erhielt sie den Auftrag, eine heruntergekommene Privatschule in Bremerhaven wieder in Schwung zu bringen. Sie unterzog sich dieser Aufgabe mit Hilfe ihres Bruders, dem sie nach außen immer den Vortritt gab, obwohl sich die Eltern lieber direkt an sie als die Energischere wandten. August Kippenberg stand ihr mit brieflichem Rat zur Seite. Nach dem Tod seiner ersten Frau heiratete er 1865 Johanne Koch in Jever.

Nur kurze Zeit unterbrach sie ihre Lehrtätigkeit, um sich den drei Kindern aus der ersten Ehe ihres Mannes, ihren eigenen – es wurden im Lauf der Jahre sieben – und den im Haushalt aufgenommenen Schülerinnen ganz zu widmen. Dann begann sie wieder als Lehrerin mitzuarbeiten. Mit stupender Willenskraft erwarb sie sich neben den laufenden Haushaltsgeschäften neue Kenntnisse, die ihr gleich darauf im Unterricht wieder abverlangt wurden. Sie verfasste auch eine Schrift zur Mädchenbildung, in der sie eine gründliche und realitätsnahe Vorbereitung auf den Beruf der Hausfrau und Mutter forderte. 1868 wurde das von ihrem Mann 1859 privat gegründete Seminar zur Lehranstalt für erwachsene Töchter und Lehrerinnenseminar von August und Johanne Kippenberg erweitert. 1872 erhielten sie die Konzession zur Errichtung einer Höheren Töchterschule, die in den nachfolgenden Jahren zur größten privaten höheren Mädchenschule ganz Deutschlands wurde.

Nach dem frühen Tod ihres Mannes sah sie sich 1889 vor die Aufgabe gestellt, durch Fortführung der Schule und des Seminars den Lebensunterhalt für sich und zehn Kinder zu gewährleisten. Um bei sinkenden Schülerzahlen einer bedrohlichen Schwächung der Schule vorzubeugen, wagte sie einen Schulneubau, was ein Existenzrisiko darstellte, sich aber als richtige Entscheidung erwies. Es gelang ihr, die Anstalt über 15 Jahre lang erfolgreich zu leiten, bis sie dem ältesten Sohn, dem ersten Akademiker in der Familie, 1904 dieses Amt übertragen konnte.

Zum 50-jährigen Jubiläum des Lehrerinnenseminars ehrte der Bremer Senat 1909 den jungen Dr. August Kippenberg für seine Verdienste mit dem Titel eines Professors; der Eingabe von ehemaligen und noch amtierenden Lehrerinnen, auch Johanne Kippenberg in dieser Weise auszuzeichnen, wurde aber nicht stattgegeben.

Hoch angesehen von ehemaligen Schülerinnen und von der Familie lebte sie noch 21 Jahre bei guter Gesundheit in Bremen und wurde im repräsentativen Familiengrab auf dem Waller Friedhof beigesetzt.

In Bremen-Schwachhausen wurde 2014 lediglich ein kleiner Weg nach ihr benannt.

Elisabeth Hannover-Drück

Literatur und Quellen:
Bessell, Georg: 100 Jahre Kippenberg-Schule, Bremen 1959.
Erinnerungen aus ihrer Bremerhavener Zeit, StAB 7,12 – D II 2.
Jugenderinnerungen StAB 7,12 – D II 1.
Kippenberg, Johanne: in: Archiv der August und Johanne Kippenberg-Familienstiftung, StAB 7,12.
Lehret für das Leben nicht blos für die Schule, 1868-1870, 7,12 – D II 3.
Lentz, Monika: Johanne Kippenberg, Eine Biographische Skizze, Bremisches Jahrbuch, Bd. 66/1988, S. 308-312.