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Leser_innenbriefe

Mythen und Menschen – 1968 Das Jahr der Revolution WK 3.9.2018

Wie kann das sein:

Da hat das Focke-Museum die Bremer Frauenbewegung in ihre Ausstellung zu den 68ern – “Protest und Neuanfang – Bremen nach 68” multimedial einbezogen; in der gleichnamigen Dokumentation hat die Bremer Historikerin Susanne Schunter-Kleemann die entsprechenden Ereignisse ebenso detailliert wie umfassend dargestellt (S.30-43) und das Bremer Frauenmuseum, das seit seiner Gründung 1991 sich dafür einsetzt, Frauen aus der historischen und politischen Versenkung hervorzuholen, hat schon 1998 einen entsprechenden Quellenband “Zur Neuen Frauenbewegung in Bremen” herausgegeben – aber der Weser-Kurier bringt es fertig, keine der 10 Doppelseiten seiner “Serie 1968” vom 2.7. bis 3.9.2018 den damals aktiven Bremerinnen zu widmen. Nur die letzte Ausgabe behandelt am Schluss in drei kurzen Absätzen die “Würde der Frau”, bezeichnenderweise reduziert auf das Thema “Sexualität”.

Dabei ist damals nicht nur Rudi Dutschke im Jazzlokal “Lila Eule” aufgetreten, im Februar 1969 berichteten auch die Frauenaktivistinnen Helke Sander und Marianne Herzog von den Ereignissen in Berlin, die von ihnen initiierte Kinderladenbewegung fand nicht nur in zahlreichen Großstädten Westdeutschlands, sondern ebenso in Bremen statt, die bundesweite Selbstbezichtigungskampagne 1971 begann in Bremen schon im Mai 1969 und die Proteste der “Aktion 218” 1971 und 1974 wurden in der Hansestadt mit Demonstrationen, Straßentheater, Autocorso und öffentlichen Reden begangen.

Der Journalist bzw. Redakteur, der für die WK-Serie verantwortlich war, hat die Ausstellung im Focke-Museum genauestens gekannt. Dafür spricht sein Bericht “Mit Rudi Dutschke kam der Aufbruch” (2.9.2018). Es fragt sich, warum er seine Kenntnisse nicht auch für die WK-Serie eingesetzt hat. Offenbar reichen Fakten nicht aus; es muss auch das Interesse bestehen, sie zu verwenden!

Romina Schmitter, Bremen 9.9.2018


Brisante Ausstellung

Dank für den Bericht zur Ausstellung “Frieden geht anders – Alternativen zum Krieg”! In Bremen, einer der Rüstungszentralen der Bundesrepublik, ist sie von besonderer Brisanz.

Allerdings hätte der Journalist den russischen Offizier Stanislaus Petrow stärker hervorheben sollen. Immerhin hat er am 25. August 1983, auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges, die Menschheit vor einem 3. Weltkrieg bewahrt: als der Kommandeur einer Einheit der sowjetischen Armee zur Überwachung der US-amerikanischen Atomraketen 5 Angriffsalarme registrierte, erkannte er sie richtig als technische Fehlalarme und gab sie nicht weiter. Das Foto, das sich auf die mutige Tat Stanislaus Petrows bezieht, reicht zur Information nicht aus.

Auch die Ausstellung selber ist um eine wichtige Tatsache zu ergänzen: zur eindrucksvollen Darstellung weiblicher Friedensaktionen, vor allem der der Liberianerinnen, die den Bürgerkrieg in ihrem Land im Juli 2003 durch Zwang der Kriegsparteien zu Verhandlungen beendeten, hätte ein Hinweis auf die UN-Resolution 1325 gehört. Die Resolution vom 31. Oktober 2000 bezog sich direkt auf eine “Aktionsplattform” der UN-Weltfrauenkonferenz 1995 in Peking und forderte im ersten der 17 Absätze “die Mitgliedsstaaten… auf, dafür zu sorgen, dass Frauen in den nationalen, regionalen und internationalen Institutionen… zur Verhütung, Bewältigung und Beilegung von Konflikten auf allen Entscheidungsebenen stärker vertreten sind”.

Romina Schmitter
Bremen, 20.8.2018


Gewohnheit ist nicht immer ein Zeichen von Güte

Von Lisa-Maria Röhling über Gender und Sprache
WK / BN 15.Juni 2018

Dass „Gewohnheit nicht immer ein Zeichen von Güte“ ist – so der Titel des lesenswerten Artikels von Lisa-Maria Röhling „über Gender und Sprache“ – beweist die Tatsache, dass verbale Grotesken wie „Landsmännin“, „Frauenmannschaft“ oder amtsprachliche Wendungen wie „wenn der Arzt schwanger wird“ kommentarlos verwendet werden, während die zahlreichen und kontroversen Bemühungen um eine geschlechtergerechte Sprache regelmäßig spöttische bis empörte Reaktionen auslösen.

Vielleicht kann hier ein Blick in die Vergangenheit interessant sein: so ist im bremischen Niederblockland auf den Tafeln über den Toren von Bauernhäusern wiederholt zu lesen, dass die eindrucksvollen Gebäude nicht nur von einem „Bauherr(n)“, sondern auch einer „Baufrau“, stellenweise von ihr alleine errichtet wurden. Oder es heißt in den Stadt-Bremischen Statuten von 1433, einer Gesetzessammlung: „Wenn einer unsrer Bürger als Witwer, oder eine unserer Bürgerinnen als Witwe seine oder ihre Kinder durch Theilung abfindet oder dieselben ausstattet, der oder die mag mit seinem oder ihrem Gut oder Erbe … nach Belieben schalten und walten.“

Romina Schmitter, Juni 2018