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Frauen wählen (sich) selbst. Vom Frauenwahlrecht zur Genderdiskussion

Unter diesem Titel präsentiert das Bremer Frauenmuseum zum 100-jährigen Bestehen des Frauenwahlrechts 2018 eine Veranstaltungsreihe in vier Veranstaltungen an verschiedenen Orten in Bremen.

100 Jahre nach Durchsetzung des Frauenwahlrechts in Deutschland sollen die Fortschritte bei der Erlangung von Frauenrechten, aber auch die Defizite und Veränderungen der Ziele von Frauenselbstbestimmung betrachtet und erörtert werden.

1.) 18.3.2018 – 11 Uhr (Matinee) – Villa Sponte – Texte und Lieder

Im Kampf um Frauenrechte: Hedwig Dohm (1831 – 1919) und Elisabeth Selbert (1896 – 1986).

Mit Renate Meyer-Braun und Romina Schmitter .

Im November 1918 wurde das Frauenwahlrecht, eine zentrale Forderung der Ersten Frauenbewegung, gesetzlich verankert. Die Forderung nach Gleichstellung von Mann und Frau konnte sich nicht durchsetzen, beiden wurden lediglich dieselben staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten zugesprochen. Mit der Verabschiedung des Grundgesetzes 1949 wurde die Gleichberechtigung zwar verfassungsrechtlich garantiert, deren Durchsetzung hinsichtlich der Selbstbestimmung für Frauen musste jedoch weiterhin erkämpft werden.

  • Das Frauenwahlrecht. Hedwig Dohm: Romina Schmitter, Historikerin, Bremer Frauenmuseum e.V.

Hedwig Dohm war nicht die erste, die für politische Rechte der Frauen eintrat, aber die erste, die das Frauenwahlrecht forderte, und zwar als „Der Frauen Natur und Recht“ (1876). Dafür wurden sie und ihre Familie beschimpft und bedroht. In ihren satirischen Schriften spottete sie über männliche und weibliche „Antifeministen“ (o.J. 1902).

  • „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“. Der lange Kampf Elisabeth Selberts um den Gleichstellungsparagrafen des Grundgesetzes: Renate Meyer-Braun, Historikerin, Bremer Frauenmuseum e.V.

„Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ (Artikel 3,2 GG). Es war Elisabeth Selbert, eine der vier „Mütter“ des Grundgesetzes, deren hartnäckigem Kampf gegen Widerstände im Parlamentarischen Rat wir diesen Artikel verdanken. Er war ein Meilenstein in der Geschichte der Frauenrechtsbewegung, denn er führte schließlich zur gesetzlichen Abschaffung der männlichen Vorherrschaft in Ehe und Familie.

2.)  26.Mai 2018  – 19 Uhr  – City 46 – Film und Diskussion

Mitten im Malestream – 1968 und die neue Frauenbewegung

Mit Prof. Dr. Ute Gerhard, Luise Scherf und Romina Schmitter

Vor circa 50 Jahren begann die neue Frauenbewegung – 50 Jahre nach Erlangung des Frauenwahlrechts in Deutschland. Im Februar 1968 besuchten auf Einladung der Bremer Jungsozialisten die Filmemacherin Helke Sander und Marianne Herzog eine Veranstaltung in der Lila Eule in Bremen. Beide Frauen hatten Anfang 1968 den Berliner Aktionsrat zur Befreiung der Frau gegründet, eine selbstständige Frauengruppe, in der Männer nicht mitarbeiten durften. Ihr erstes Ziel war es, eine gemeinsame Kinderbetreuung zu organisieren und dafür ein pädagogisches Konzept zu erarbeiten. 1969 gründete sich auch in Bremen ein Weiberrat. Ein Teil der Gruppe nahm an der Planung eines antiautoritären Kinderladens teil, die anderen „begannen im Mai (1969) Unterschriften gegen den Paragraphen 218 zu sammeln und gehörten damit indirekt zu den Initiatorinnen der bundesweiten Aktionen gegen den § 218.“ (Romina Schmitter: Zur neuen Frauenbewegung in Bremen, Bremen 1998).

Helke Sander, renommierte Filmregisseurin, drehte 2004 den Filmessay „Mitten im Malestream – Richtungsstreits in der neuen Frauenbewegung“. Als Rahmen für den Film diente eine zweitägige Diskussion, an der acht Aktivistinnen der Frauenbewegung teilnahmen. In dem gezeigten 92-minütige Film werden Originalfoto- bzw. Filmdokumente aus der Zeit präsentiert und in einer Diskussionsrunde die Kernfragen der neuen Frauenbewegung behandelt: Mütterpolitik, Selbstverständnis von Männern als Väter, die § 218-Kampagne, der real existierende Gebärstreik von Frauen, die politische Auseinandersetzung der Frauenbewegung mit den beiden christlichen Kirchen.

Im Anschluss an die Filmvorführung folgte eine lebendige Publikumsdiskussion mit Zeitzeuginnen – u.a. Prof. Dr. Ute Gerhard, Luise Scherf und Romina Schmitter – und den Besuchern zu dem Thema: Welches waren die Fragen der damaligen Bremer Frauenbewegung, welche Forderungen konnten umgesetzt werden und welche sind auch heute nach 50 Jahren noch aktuell?

3.) 27.9.2018 – 19 Uhr  – Belladonna – Podiumsdiskussion

Die Veranstaltung musste krankheitsbedingt auf den 31.1.2019 verschoben werden.

Frauen-Politik Ost-West: 1989 und die Folgen

Mit Prof. Dr. Christine Eifler / Ost und Prof. Dr. Ute Gerhard / West, Moderation: Romina Schmitter (Historikerin)

Im Vereinigungsprozess der beiden deutschen Staaten, in dem durch den „Beitritt“ der DDR nach Art. 23 GG das politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche System der Bundesrepublik Deutschland auf die fünf ostdeutschen Länder übertragen wurde, haben Geschlechterfragen eine sehr untergeordnete Rolle gespielt. Die gegensätzliche, geradezu spiegelbildliche Ausrichtung der Frauenpolitik in der früheren Bundesrepublik und der DDR, die unterschiedlichen Erfahrungen und Lebensformen haben auch unter Frauen und Feministinnen auf beiden Seiten zu Missverständnissen, Enttäuschungen und insbesondere für die ostdeutschen Frauen zum Verlust bisheriger Sicherheiten und ökonomischer Selbstständigkeit geführt. Dabei ging es um so existentielle Fragen wie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die Kinderbetreuung oder die Strafbarkeit des Schwangerschaftsabbruchs. Der nachholende Dialog über unterschiedliche Erfahrungen kann auch der Verständigung über eine gegenwärtige geschlechtergerechte Politik dienen. Die Soziologie-Professorinnen Dr. Christine Eifler von der Universität Bremen und Dr. Ute Gerhard von der Universität Frankfurt am Main stellen die Problematik vor und diskutieren diese gemeinsam mit den Besucherinnen. Die Moderation übernimmt die Historikerin Romina Schmitter. Der Eintritt ist frei.

4.) 15. 11. 2018 – 19 Uhr – Bürgerhaus Weserterrassen – Podiumsdiskussion

Die Dritte Frauenbewegung? Realpolitik vs. Queere Utopien?

Mit Bettina Wilhelm (ZGF), Rebecca Gefken, Maike Sophie Mittelstädt (Fem.Ref.Uni Bremen) und Winnie Akeri (DGB), Moderation: Prof. Dr. Ute Gerhard (bfm)

Unter dem Titel „Frauen wählen (selbst). Vom Frauenwahlrecht zur Genderdiskussion“ präsentiert das Bremer Frauenmuseum zum 100-jährigen Bestehen des Frauenwahlrechts vier Veranstaltungen an verschiedenen Orten in Bremen. Mit einer Podiumsdiskussion zum Thema „Die Dritte Frauenbewegung? Realpolitik versus Queere Utopien“ findet nun die vierte Veranstaltung dieser Reihe statt. Sie geht der Frage nach, wie sich gegenwärtig und in Zukunft Geschlechtsidentitäten weiterentwickeln werden und wie die Gesellschaft diesen Entwicklungen gerecht werden kann.

Auf dem Podium diskutieren Akteurinnen aus der Politik, Bildungsarbeit, so wie aus dem genderwissenschaftlichen und aktivistischem Spektrum. Gleich ist Allen eine feministische Haltung. Wir sind gespannt auf Kontroversen, Zukunftsideen und aktuelle Einblicke in unterschiedliche feministische Einsatzgebiete.

Als Referentinnen werden die Bremer Frauenbeauftragte Bettina Wilhelm, die Historikerin und Geschlechterwissenschaftlerin Rebecca Gefken, Maike Sophie Mittelstädt, Vorstandsmitglied des Vereins Trans* Recht e. V., und die Jugendbildungsreferentin für die DGB-Region Südniedersachsen-Harz, Winnie Akeri, erwartet. Die Moderation übernimmt die Soziologin sowie Rechts- und Geschichtswissenschaftlerin Prof. Dr. Ute Gerhard.