Delphine Brox war auf vielfältige Weise gesellschaftlich und politisch engagiert.
17.9.1935 in Cussy-en-Morvan – 22.3.2008 in Cussy-en-Morvan, Frankreich
Die Familie Brochot wurde in ihrer Heimat von den Nationalsozialisten verfolgt.
Nach Abschluss der Lehrerausbildung kam Delphine Brochot im Rahmen eines Lehreraustauschprogramms in den 1960er Jahren nach Deutschland. Hier lernte sie ihren späteren Ehemann Franz Brox kennen, der als katholischen Priester ihretwegen sein Priesteramt aufgeben musste und exkommuniziert wurde. Das Paar bekam zwei Kinder.
Delphine Brox, die inzwischen die deutsche Staatsbürgerschaft erworben hatte, kandierte 1979 ohne Mitgliedschaft bei den Bremer Grünen (BGL) auf deren Liste zur Bremischen Bürgerschaft. Die Liste erhielt 5,14% der Stimmen und Delphine Brox konnte als erste Ausländerin in ein deutsches Parlament einziehen. Bis 1983 war sie vier Jahre Abgeordnete der Bürgerschaft, in der die vier Abgeordneten jedoch nur den Status einer parlamentarischen Gruppe innehatten. Sie kritisierte die Politik der SPD, insbesondere die Verkehrs- und Wirtschaftspolitik und wandte sich gegen industrielle Großansiedlungen wie die von Daimler-Benz in Bremen-Hemelingen. In Solidarität mit den Arbeitern unterstützte sie die von der Schließung ihrer Werft bedrohten Arbeiter der AG Weser.
Sie gehörte 1979 dem kommissarischen Landesvorstand „Die Grünen“ an. Als sich die BGL, die gegen eine Kandidatur zu Bundestagswahl war, von der Grünen Bundespartei abspaltete, gehörte auch sie zu denen, die eine Kandidatur auf Bundesebene ablehnten.
Auf vielfältige Weise setzte sie sich für unterschiedliche gesellschaftliche und politische Belange ein. So sprach sie 1980 bei der Beerdigung von Rudi Dutschke und würdigte sein Umweltengagement.
Ihr besonderes Engagement lag in der Anti-Atompolitik: Sie nahm an Kundgebungen gegen das Kernkraftwerk Brokdorf, gegen das Kernkraftwerk Kalkar sowie gegen das Atommülllager Gorleben teil. Aber auch in der Friedenspolitik war sie aktiv und legte sich mit dem damalige Bremer Bürgermeister Hans Koschnik an, u.a. wegen seiner Unterstützung der Bundeswehr. Auch zu frauenpolitischen Themen bezog sie Stellung. Sie kritisierte die männliche Überheblichkeit ihrer Kollegen und nannte sie „Politmacker“[1]. In Verbindung mit Umweltfragen prangerte sie den übermäßigen Einsatz von Chemie in Kosmetika an und machte sich für die Stärkung der Emanzipationsbewegung stark, indem sie die Frauen aufrief, sich aus ihrer Isolation heraus zu begeben und für eine Welt einzusetzen, in der „die Chemotechnik unter Kontrolle und in Grenzen gehalten werde, wo Wasser wieder trinkbar, der Boden und seine Früchte von Pestiziden und Chemikalien weitgehend befreit, und wo die erste und beste Kindernahrung, die Muttermilch, nicht von Blei, Jod oder DDT verseucht sei.“[2] Als aber 1981 die Zentralstelle für die Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau (ZGF) eingerichtet wurde, sprach sie dagegen und plädierte für ein loses Bündnis der weiblichen Abgeordneten, das dem Staat die Kosten für eine solche Stelle eingespart hätte.
Ein weiterer Bereich ihres Engagements war die Bildungspolitik. Hier trat sie für die Freiheit der Eltern bei der Wahl der Schule ihrer Kinder ein und unterstützte die Forderung nach Zulassung des neu gegründeten Ökumenischen Gymnasiums als Privatschule durch den Senat. Sie verließ sie die Bürgerschaft 1983, engagierte sich aber noch weiter bei den GRÜNEN. Bei den neu formierten „Bundesgrünen“ engagierte sie sich auch noch eine Weile, deren politischer Kurs war ihr jedoch zu links orientiert.
Später erfolgte ein Umzug des Ehepaars Brox nach Cussy-en-Morvan im französischen Burgund, wo sie ein Landhaus geerbt hatten. Auch hier engagierte sie sich für den Schutz der Umwelt, sie kämpfte z.B. gegen die Ansiedlung von industriellen Schweinemastbetrieben. Sie führte ein „offenes Haus“ mit Diskussionszirkeln und Seminaren, auch zahlreiche BremerInnen besuchten sie dort.
Initiiert von Alt-Bürgermeister Hans Koschnick wurde ihr eine eigens für sie geschaffene Silberne Rathausmünze des Bremer Senats von einer Bremer Delegation mit dem damaligen Staatsrat Hans-Christoph Hoppensack im Rathaus der Stadt Cussy-en-Morvan überreicht. In der Rede vom 16.Oktober 2007 heißt es: „So haben Sie … daran mitgewirkt, dass es 1963 zum Deutsch-Französischen Freundschaftsvertrag kam. Später haben Sie vor allem in bilateralen Kulturprojekten Ihren Beitrag zur Verständigung geleistet. Und wie ein roter Faden – eigentlich müsste man sagen: grüner Faden – zieht sich durch Ihr Leben nicht nur die Liebe zu den Menschen, sondern ganz besonders auch für ihre natürlichen Lebensgrundlagen.“[3]
Nach langer Krankheit starb sie am 22.3.2008 in ihrer Heimat Cussy-en-Morvan.
Bremer Frauenmuseum e.V.
Anmerkungen:
[1] courage Artikel: https://library.fes.de/cgi-bin/courage.pl?id=07.00703&dok=198002&f=198002_013&l=198002_016&c=198002_013, Zugriff 12.7.2013.
[2]Weser-Kurier 13.12.1979, 13.12.1980.
[3] Senatspressestelle 15.11.2007.
Literatur und Quellen:
Bremer Frauenmuseum e.V. (Hrsg.): Frauen Geschichte(n). Biografien und FrauenOrte aus Bremen und Bremerhaven (Bremen 2016)
Barfuß, Karl Marten/ Müller, Hartmut/ Tilgner, Daniel (Hrsg.): Geschichte der Freien Hansestadt Bremen von 1945 bis 2005, Bd.2: 1970-1989, Bremen 2010, S.76.
Bley, Henning: Die Erste im Parlament, TAZ 26.3.2008.
Brox, Delphine: Es kommt nicht darauf an alle Tricks zu kennen, in: Courage : Berliner Frauenzeitung. – 5(1980), H. 2, S.13–16.
Ehrung für Delphine Brox, Senatspressestelle 15.11.2007.
Röper, Erich über Delphine Brox: Eine unverdrossen ideologiefreie Kämpferin gegen repressive Verhältnisse, Bremen.
Weser-Kurier 13.12.1979, 13.12.1980.
Wikipedia – Delphine Brox.