„Fliegende Frauen“: Weibliche Piloten in der Geschichte der Luftfahrt
Vortrag von Maria Hermes am 23. Januar 2010
Der Vortrag befasste sich auf der Grundlage der Biographien von drei Pilotinnen mit der Konstituierung der Luftfahrt als genuin männlicher Domäne im Deutschland des ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Bereits die ersten Ballonfahrerinnen mussten sich, bevor sie überhaupt an eine praktische Betätigung in der Luftschifffahrt denken konnten, mit ihrem Geschlecht und gesellschaftlichen Anforderungen an dieses Geschlecht auseinandersetzen; etwas, das für ihre männlichen (Berufs-)Kollegen keine Rolle spielte. So wurde der erste Ballonaufstieg von Käthe Paulus, der ersten Frau, die (in den 1890er Jahren) nicht nur Ballonfahrten unternahm, sondern auch Fallschirmabsprünge wagte, durch ein Verbot der Behörden verzögert: Die praktische Betätigung einer Dame in der Luftschifffahrt schicke sich nicht. – Jahre später sollte Käthe Paulus ihren Lebensunterhalt mit Flugvorführungen verdienen. Hier wusste sie ihre Außenseiterstellung in der Luftfahrt zu nutzen: Durch den – auch mittels ihrer ungewöhnlichen „Männerkleidung“ (sie trug wie alle Aviatikerinnen Hosen statt der üblichen langen Röcke) – erzeugten Unterhaltungswert (es handelte sich immerhin um eine Frau, die da flog) waren ihre Flugvorführungen für Käthe Paulus finanziell sehr einträglich. In zeitgenössischen Zeitungen entwickelte sich jedoch mit der Beschreibung der Kleidung der fliegenden Frauen ein eigener Diskurs, der ihre fliegerische Betätigung in großen Teilen auf die Kleiderfrage reduzierte und die Betätigung von Frauen in der Luftfahrt nicht zu einer Selbstverständlichkeit werden ließ. Dies bekam auch Melli Beese , Deutschlands erste Motorflugpilotin, zu spüren. Nachdem sie nach längerem Bemühen endlich eine Flugschule gefunden hatte, die sie ausbildete, musste sie teils mit lebensgefählichen Sabotagen der anderen Flugschüler rechnen: Fliegen war ein teures Vergnügen, der Konkurrenzdruck unter den Flugschülern dementsprechend stark. Frauen, die in der Frühzeit der Luftfahrt immer eine Minderheit darstellten, wurden leicht sabotiert. Tatsächlich gab es vor dem Ersten Weltkrieg nur drei Frauen mit Motorflugschein in Deutschland. Die in der Vorkriegszeit gelegten Grundlagen für die Konstituierung der Luftfahrt als männlichem Raum festigten sich während des Ersten Weltkrieges, als mit der Konnotation Pilot = männlicher Held das Flugzeug seine endgültige Geschlechtszuschreibung erfuhr. Wie ungewöhnlich es auch heute noch scheint, dass Frauen (Berufs-)pilotinnen sind, wird an der Benennung einer Straße nach Hanna Kunath (mehr zu ihr hier), Bremens erster weiblicher Pilotin, deutlich: Als Grund für die Benennung gibt das Bremer Straßenlexikon an, Kunath sei als Frau Pilotin gewesen.
Heute vertritt die Vereinigung Deutscher Pilotinnen die fliegenden Frauen. Zu ihrer Historie schreiben sie:
„Gegründet am 6. April 1968 auf Gut Petersau bei Worms von neun Pilotinnen, darunter so berühmte Namen wie Elly Beinhorn (geb.1907), die schon in den Dreißiger Jahren alle fünf Kontinente mit dem Flugzeug eroberte und Hanna Reitsch (1912 – 1979), die erste Hubschrauber- und Jetpilotin der Welt. Heute zählt die VDP ca. 300 Mitglieder aus allen Sparten der Luftfahrt: Berufspilotinnen, Hubschrauber-, Motor-, Segel- und Ultraleichtfliegerinnen sowie Ballonfahrerinnen.“
Zu nennen wären noch weitere Pionierinnen:
Luise Hoffmann (1910-1935), Kunstfliegerin, erste Einfliegerin für ein deutsches Flugzeugwerk
Sabiha Gökcen (1913-2001), erste Majorin der Welt in der Verwendung als Kampfpilotin bei der türkischen Luftwaffe
Geraldine „Jerrie“ Mock (*1925), die als erste Frau erfolgreich die Welt umflog Beryl Markham (1902-1986),die erste Berufspilotin Afrikas, die als Erste allein von London über den Atlantik flog.
weitere finden Sie hier und hier und in Oklahoma (USA) gibt es sogar ein Museum der fliegenden Frauen. und das International Women’s Air & Space Museum in Cleveland/USA: