Luise Agnes Koch setzte sich für das Wahlrecht für Frauen ein.
11.10.1860 in Bremen – 14.3.1934 in Bremen
Luise war die Tochter der Lina Minna Friederike, geb. Schmahlstieg, und des Kaufmanns Carl August Koch. Über ihre Schulbildung ist nichts bekannt, aber als Mädchen aus bürgerlicher Familie wird sie eine der privaten Töchterschulen Bremens besucht haben.
Im Bremer Adressbuch[1] wurde sie seit 1897 als „Privatlehrerin“ geführt, und aus weiteren Angaben geht hervor, dass sie mit ihren Eltern zusammen lebte: Bis 1899 in der Herderstraße 53, ab 1900 in einem Haus am Hohenpfad 30. Bald darauf muss ihr Vater gestorben sein, denn im Adressbuch von 1902 wurde er nicht mehr genannt, während seine Frau als „Clavierlehrerin“ angegeben war, die mit ihrer Tochter Luise in der Straße „Häfen 79“ wohnte.
Luise Kochs politischer Werdegang begann mit dem Bremer Verein für Frauenstimmrecht, der im November 1904 auf ihre Initiative hin als Ortsgruppe des 1902 gebildeten Deutschen Vereins für Frauenstimmrecht – seit 1904 Deutscher Verband für Frauenstimmrecht – gegründet wurde. Sie war von Anfang an erste Vorsitzende und übte diese Funktion bis zur Selbstauflösung der Gruppe am 16.10.1919 aus. Darüber hinaus wurde sie im März 1916 in den Vorstand des Deutschen Reichsverbandes für Frauenstimmrecht gewählt.
Als Vorsitzende des Bremer Vereins für Frauenstimmrecht gehörte sie zunächst zu den radikalen Vertreterinnen der deutschen Stimmrechtsbewegung wie Anita Augspurg (1857-1943) und Lida Gustava Heymann (1868-1943), die 1902 in Hamburg, wo das Vereinsverbot für Frauen (1850-1908) nicht galt, den ersten deutschen Stimmrechtsverein gegründet hatten; auch ließ sie die Schriften Hedwig Dohms (1833-1919), der ältesten Repräsentantin des radikalen Feminismus, in den Versammlungen und Festen des Vereins zur Sprache kommen. Aber in der Stimmrechtsdebatte, die 1911 mit der Deutschen Vereinigung für das Frauenstimmrecht begann und 1913 ihren Höhepunkt erreichte, als die Anhängerinnen des demokratischen Wahlrechts für beide Geschlechter austraten und den Deutschen Bund für das Frauenstimmrecht gründeten, entschloss sie sich, den Frauen das Wahlrecht der männlichen Bevölkerung zu erkämpfen. Dieses war mit einigen Ausnahmen auf Länder- und Gemeindeebene das Klassenwahlrecht. Sie berief im Januar 1912 eine außerordentliche Mitgliederversammlung ein, die für eine entsprechende Änderung der Satzung stimmte.
Auch die Begründung, die dem ungleichen Frauen- bzw. dem „Damen“-Wahlrecht (Clara Zetkin) in Vorträgen und Flugblättern gegeben wurde, wiesen Luise Koch und die Mitglieder ihrer Organisation als Vertreterinnen der gemäßigten Mehrheit der Bürgerlichen Frauenbewegung aus: Wenn die Sozialdemokratinnen und die Radikalen der Frauenstimmrechtsbewegung die Notwendigkeit des gleichen Wahlrechts für beide Geschlechter vertraten und von der zunehmenden Erwerbstätigkeit der Frauen ableiteten, dann erhob der Bremer Verein für Frauenstimmrecht seine Forderungen nicht nur im Interesse der „Berufsfrauen“, sondern ebenso in dem der „Gattinnen“ und „Mütter“.
In diesem Zusammenhang gehört auch der Aufruf, den Luise Koch am 4.8.1914 an die etwa 600 Mitglieder richtete, sich im Krieg weniger für die eigenen Rechte als die Belange von „Familie, Volk und Vaterland“ einzusetzen. Aber schon nach zwei Jahren kam ihr Engagement für das Frauenwahlrecht wieder zum Ausdruck: 1916 ließ sie sich in den Vorstand des Deutschen Reichsverbandes für Frauenstimmrecht wählen, 1918 empörte sie sich öffentlich darüber, dass „die bevorstehende Reform des Bremer Wahlrechts … das Wahlrecht in einseitiger Weise nur auf das männliche Geschlecht bezogen, das weibliche Geschlecht aber gänzlich ausgeschaltet“[2] habe. 1918 war sie sogar bereit, nicht nur mit den Frauen des radikalen Stimmrechtsbundes, sondern auch mit den Frauen der Sozialdemokratie zusammenzuarbeiten. Sie trat in die mit Jahresbeginn gebildeten Vereinigten Gruppen politisch interessierter Frauen Bremens, Ausschuss für Frauenwahlrecht, ein, in denen die Mitglieder der beiden Frauenstimmrechtsvereine und Sozialdemokratinnen vertreten waren, „um der Agitation für Frauenrechte mehr Nachdruck zu geben.“[3] 1919 wurde sie als Mitglied der kurz zuvor gegründeten Deutschen Demokratischen Partei (DDP) in die Bremer Nationalversammlung gewählt. Zur Bürgerschaft kandidierte sie jedoch nicht mehr.
Die Bedeutung, die Luise Koch für die Frauenstimmrechtsbewegung in Bremen hatte, ist daran zu erkennen, dass sie mit der Herrschaft des Nationalsozialismus ins Abseits geriet. Zu ihrem 70.Geburtstag 1930 war noch ein langer Artikel in den Bremer Nachrichten erschienen,[4] zu ihrem Tod jedoch gab es keinen Nachruf und in der Todesanzeige wurde nur ihr Name genannt.
Im Stadtviertel Hulsberg in der östlichen Vorstadt ist der Luise-Agnes-Koch-Platz nach ihr benannt.
Romina Schmitter
Anmerkungen:
[1] StAB Za-128.
[2] BN 8.7.1918.
[3] BN 27.10.1918.
[4] BN 11.10.1930.
Literatur und Quellen:
Bremer Adressbuch
Bremer Nachrichten (BN)
Bremer Verein für Frauenstimmrecht, StAB 4,75/7-VR 86
Frauenstimmrechtsvereine für die Unterweserorte 1908-1917 StAB 4,20-444.