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Wendt, Elisabeth (1811 – 1832)

Elisabeth Wendt, geb. Weigel, starb als Kapitänsfrau während einer Seereise.

um 1811 in Hamburg – 30.9.1832 auf See

Elisabeth wuchs in Hamburg in gutbürgerlichen Kreisen auf. Durch ihren Verwandten Wilhelm O’Swaldt, der als Superkargo im Dienste der Königlich Preußischen Seehandlung an den Weltreisen dieser Berliner Staatsreederei teilnahm, lernte Elisabeth Weigel in Hamburg den Bremer Kapitän Johann Wilhelm Wendt, Führer des Seehandlungsschiffs „Princess Louise“, kennen. Die Bremer Kaufleute Friedrich und Everhard Delius hatten das Schiff 1824 auf der Janssen-Sagerschen Werft in Bremen-Vegesack bauen lassen und 1825 an die Königlich Preußische Seehandlung verkauft. Diese rüstete seit 1772 große Schiffe aus, die Erkundungsreisen für den preußischen Handel durchführten.

Die „Princess Louise“ brach 1830 zu ihrer zweiten Weltumseglung auf, mit Johann Wilhelm Wendt als Kapitän. Als er im April 1932 von dieser zurückkehrte, heiratete er Elisabeth Weigel. Doch schon fünf Wochen nach der Hochzeit sollte er wieder auf die Reise gehen. Er bat deshalb den Präsidenten der Preußischen Seehandlung Rother um die Erlaubnis, dass seine Frau ihn auf seiner nächsten Weltumseglung begleiten dürfe. Die Reederei machte sich diese Entscheidung nicht leicht, sondern ließ ein Gutachten anfertigen, in dem es heißt:

„Nach der allgemeinen Usance wird es, soweit uns bewußt, von Reedern nicht gestattet, daß Schiffs-Capitains ihre Frauen bey (…) Reisen mitnehmen dürfen, weil in Augenblicken großer Gefahr, wo die Gegenwart des Capitains auf Deck behufs Anordnung der nötigen Sicherheitsmaßregeln durchaus nothwendig ist, derselbe sich leicht durch das Angstgeschrey von Frauen verleiten lassen könne, denselben in der Noth beyzustehen, statt dem ihm anvertrauten Schiffe alle seine Kräfte und Besonnenheit zu widmen und dadurch auch möglicherweise Verlust des ganzen Schiffes eintreten kann.“[1]

Doch Rother ignorierte das Gutachten, indem er die Erwartung aussprach, dass Kapitän Wendt mit seiner Frau an Bord seine Pflichten als Kapitän umso gewissenhafter erfüllen würde. Im September 1833 bekam Elisabeth Wendt im Pazifischen Ozean auf 17°14‘ nördlicher Breite, nördlich der Karolinen, bei stürmischem Wetter einen gesunden Jungen. Entgegen der Tradition, dass der Kapitän Kranke an Bord behandelte, war diesmal ein Schiffsarzt, Dr. von Besser, an Bord, der die Kapitänsfrau medizinisch betreute. Am 6.Oktober meldete das Journal: „An den Folgen ihrer Entbindung starb Madame Wendt diese Nacht um 12 Uhr.“ Das Kind gedieh mit der Milch eines Lamas, dass der Kapitän zur Stärkung von Frau und Kind in Callao, dem Hafen von Lima, Peru, vorsorglich an Bord genommen hatte.

Kapitän Wendt ließ seine Frau nicht auf See bestatten, sondern fertigte einen Holzsarg für sie an, der später, in Kanton, von einem handgefertigten Zinksarg überzogen wurde.[2] Darin führte er auf der noch 18 weitere Monate dauernden Reise ihren Leichnam zurück nach Hamburg, wo sie auf dem Jacobi-Kirchhof eine angemessene Bestattung erhielt. Zur Versorgung seines Sohns nahm er eine Malaiin an Bord. Danach fuhr er nicht mehr zur See, sondern wurde Nautischer Sachverständiger in Bremen.

Das Schicksal der Elisabeth Wendt wird in allen offiziellen Berichten der Preußischen Seehandlung beschrieben. Die Erdumsegelungen der „Princess Louise“ wurden in der Schifffahrtswelt wegen ihrer wirtschaftlichen Bedeutung genau wahrgenommen, so dass der Tod der Kapitänsfrau auf See in Bremen und Hamburg sehr bekannt geworden ist. Die zitierte Argumentation des Gutachtens wurde im Laufe des 19.Jhs. häufig bemüht, um Frauen daran zu hindern, ihre Männer auf Großer Fahrt zu begleiten. Dennoch sind viele Kapitänsfrauen an Bord gegangen, nicht nur für eine Hochzeitsreise und viele gebaren ihr erstes Kind auf See.

Dr. Ursula Feldkamp

Anmerkungen
[1] Hartmann, Stefan: Unternehmungen der preussischen Seehandlung in der ersten Hälfte des 19.Jahrhunderts am Beispiel des Schiffs „Prinzessin Louise“. In: Hauser, Oswald (Hrsg.): Vorträge und Studien zur preußisch-deutschen Geschichte, Köln/Wien 1983, S.118.
[2] Burmester, Heinz: Weltumseglung unter Preußens Flagge. Die Königlich Preußische Seehandlung und ihre Schiffe. Hamburg 1988, S.41. Siehe auch: Rothe, Edmund: Capitän J.W. Wendt. Eine biographische Skizze. Bremen 1882, S.7.f., und Meuß, Johann Friedrich: Die Unternehmungen des Königlichen Seehandlungs-Instituts zur Emporbringung des preußischen Handels zur See, Berlin 1913, S.177f.

Literatur und Quellen
Burmester, Heinz: Weltumseglung unter Preußens Flagge. Die Königlich Preußische Seehandlung und ihre Schiffe, Hamburg 1988.
Feldkamp, Ursula: Frauen an Bord von Frachtsegelschiffen in autobiografischen Quellen 1850-1939, Bremerhaven/Wiefelstede 2014.
Hartmann, Stefan: Unternehmungen der preussischen Seehandlung. In: Hauser, Oswald (Hrsg.): Vorträge und Studien zur preußisch-deutschen Geschichte, Köln/Wien 1983.
Meuß, Johann Friedrich: Die Unternehmungen des Königlichen Seehandlungs-Instituts zur Emporbringung des preußischen Handels zur See, Berlin 1913.
Rothe, Edmund: Capitän J.W. Wendt. Eine biographische Skizze. Bremen 1882.