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Ehlers, Ella (1904 – 1985)

Ella Ehlers, geb. Schimpf, engagiere sich auf vielfältige Weise im sozialen Bereich.

30.5.1904 in Dresden – 9.4.1985 in Bremen

Ella Ehlers wuchs in einer sozialistischen Arbeiterfamilie in Dresden und Leipzig auf. Zusammen mit ihrem Bruder trug sie schon als Kind die sozialdemokratische Leipziger Volkszeitung aus.

Sie erlernte den Beruf einer Kindergärtnerin und übte ihn von 1924 bis 1928 auf dem Barkenhoff in Worpswede aus, den der Künstler Heinrich Vogeler nach dem 1.Weltkrieg der Roten Hilfe, der kommunistischen Wohlfahrtsorganisation, als Kinderheim überlassen hatte. Hier betreute sie die Kinder von inhaftierten und verfolgten Kommunisten. 1926 lernte sie hier Adolf Ehlers (1898–1978) kennen, der seit 1924 hauptamtlicher Sekretär der Roten Hilfe und von 1923 bis 1927 kommunistischer Abgeordneter der Bremischen Bürgerschaft war. Die beiden, überzeugte Kommunisten und Idealisten, heirateten; die Ehe blieb kinderlos. 1929 übernahm Ella die Leitung eines Rote-Hilfe-Kinderheims in Elgersburg in Thüringen, von wo aus sie alle zwei Monate ihren Mann in Berlin besuchte. Der hatte seinen Wohnsitz von Bremen an die Spree verlegt, weil er von dort aus die gesamte Werbung der Roten Hilfe übernommen hatte.

Weil Adolf E. in den zu dieser Zeit herrschenden Flügelkämpfen innerhalb der KPD nicht den stalinistischen Kurs der Parteizentrale mitmachte und zusammen mit anderen die kommunistische Parteiopposition (KPO) gründete, wurden er und seine Gesinnungsgenossen aus der KPD ausgeschlossen. Adolf verlor seine Stelle bei der Roten Hilfe, und auch Ella wurde 1931 ihres Postens in Thüringen enthoben und aus der Partei ausgeschlossen. Das Paar zog nach Bremen zurück, wo sie eine kleine Mansardenwohnung im Haus von Adolfs Schwester und Schwager, dem bekannten Bremer Kommunisten Wilhelm Deisen, bezog. Da ihr Mann die nächsten sechseinhalb Jahre arbeitslos blieb, sorgte Ella für den Lebensunterhalt. Sie sattelte beruflich um, besuchte die Handelsschule und fand eine Stelle als Kontoristin in einer kleinen Bremen Kaffeefirma. Erst 1938 fand ihr Mann wieder eine Arbeit auf der AG „Weser“, wo er schon von 1918 bis 1923 tätig gewesen war.

Das Ehepaar schloss sich 1932 der Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands (SAP), einer linken Abspaltung der SPD, an – wie die gesamte Bremer KPO. Mit dem Faschismus begann für die Familie Ehlers die Zeit der illegalen Widerstandsarbeit. In ihrer Wohnung fanden die konspirativen Treffen der SAP statt. Ella selbst leistete Kurierdienste, indem sie illegales Material, das aus Schweden stammte, weiterleitete, außerdem verhalf sie Genossen zur Flucht. In diesem Zusammenhang entstand die Freundschaft mit Irmgard Enderle und Willy Brandt, die vom schwedischen Exil aus die SAP leiteten. Die Kontakte zur illegalen SAP in Bremen liefen über Adolf Ehlers und seine Frau. So hatten sie in ihrer Wohnung an der Waller Heerstraße immer wieder mit Hausdurchsuchungen, Kontrollen und Meldeauflagen zu rechnen.

Nach dem Ende des 2.Weltkriegs traten die Ehlers zunächst wieder in die KPD ein. Ehemann Adolf vertrat zusammen mit Hermann Wolters, mit dem er seit 1944 konspirativ zusammen gearbeitet hatte, das kommunistische Element im neuen Bremer Senat. Bei einem Besuch der Leipziger Frühjahrsmesse 1946 gerieten die beiden Bremer KPD-Senatoren – Ehlers für Wohlfahrt, Wolters für Wirtschaft – politisch heftig mit Walter Ulbricht aneinander. Sie hegten Zweifel an einer demokratischen Entwicklung in der Sowjetisch Besetzten Zone (SBZ) und traten nach ihrer Rückkehr im Mai des Jahres in die SPD ein. Ella E. vollzog denselben Schritt.

Während ihr Mann – ab 1948 Innensenator – eine zentrale Rolle im politischen Bremen spielte und schließlich als sicherer Nachfolger Bürgermeister Kaisens galt, engagiere sie sich gleich nach Kriegsende aktiv im sozialen Bereich. Sie wurde zweite Vorsitzende des im August 1945 gegründeten Arbeiterhilfswerks (AHW), in dem anfangs noch Sozialdemokraten und Kommunisten zusammenarbeiteten. Sie organisierte in diesem Rahmen Nähstuben und Kindererholungskuren in Bremen-Lankenau, wirkte mit bei der Verteilung von Lebensmittel- und Kleiderspenden und der berühmten CARE-Pakete. Auch in der Arbeiterwohlfahrt (AWO), in der 1948 das AHW nach der Trennung von den kommunistischen Mitgliedern aufging, spielte sie weiterhin eine wichtige Rolle. So war sie an der Gründung des ersten Bremer Bürgerhauses, des Nachbarschaftshauses am Ohlenhof in Gröpelingen – heute Nachbarschaftshaus Helene Kaisen – das 1952 eröffnet wurde, beteiligt. Sie arbeitete eng mit Helene Kaisen, der langjährigen Vorsitzenden des Trägervereins zusammen.

Auch andere Einrichtungen wie die Mutter- und Kind-Heime, Altentagesstätten, Dienstleistungszentren, Hauspflege für kranke Bürger, Essen auf Rädern und Stadtranderholung für Senioren bleiben mit dem Namen Ella Ehlers verbunden.

Von 1961 an übte sie Vorstandsfunktionen in der AWO aus: bis 1970 Vorsitzende des Kreisausschusses, bis 1980 Vorsitzende des Landesverbandes. Bis zu ihrem Tod blieb sie Ehrenvorsitzende. 1978 wurde ihr in Anerkennung ihrer großen Verdienste im sozialen Bereich das Große Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland von Bürgermeister Hans Koschnik überreicht. 1980 wurde ihr die Marie-Juchacz-Plakette der AWO verliehen.

Durch den Tod ihres Mannes im Jahr 1978 hatte sie ihre Tatkraft und ihren Lebensmut verloren. Sie starb 81jährig.

In der Dockstraße in Gröpelingen wurde ein Sozialzentrum der AWO – das Ella-Ehlers-Haus – nach ihr benannt.

Regina Contzen

Literatur und Quellen:
Adamietz, Horst: Freiheit und Bindung – Adolf Ehlers, Bremen 1978.
Blandow, Jürgen: Von Friedrich Ebert bis Ella Ehlers. Die Vorgeschichte und die Geschichte der bremischen Arbeiterwohlfahrt, Bremen o.J. (1995).
https://Wikipedia, Ella Ehlers, Zugriff 3.10.2015.
Schunter-Kleemann, Susanne: in: Cyrus, Hannelore u.a. (Hrsg.): Bremer Frauen von A bis Z, Bremen 1991, S.296-299.
Schwarzwälder, Herbert: Das Große Bremen-Lexikon, Bremen 2003.