Luise (Louise) Kugler war Künstlerin.
10.10.1811 in Stettin – 6.9.1884 in Bremen
Luises Vater war der Kaufmann, Stadtrat und Konsul Johann Georg Emmanuel Kugler (1777-1843), ihre Mutter Sophie Dorothea Eleonora, geb. Sternberg (1781-1854).
Sie wuchs in einem Elternhaus auf, das, künstlerisch vielseitig interessiert, eine Geselligkeit pflegte, in der Literaten, Künstler und Musiker gern gesehene Gäste waren. Sie hatte zwei Brüder: Adolph Julius (geb. 1804) und Franz Theodor(1808-1858). Luise und ihr Bruder Franz erhielten in Stettin einen Kunstunterricht, der sie über das Dilettieren hinausführte. In Berlin, wohin es die Geschwister zog, wurde sie Schülerin von Karl Begas, bei dem sie insbesondere das Porträtieren lernte. Später wechselte sie „zum Blumen-, Illustrations- und Arabeskenfach“.[1] Franz Kugler wandte sich verstärkt Studien als Broterwerb zu und promovierte zum Kunsthistoriker. Ihr Bruder merkte zu ihrem Schaffen an: „Es ist wohl noch etwas Dilettantisches in diesen Arbeiten, doch sie sind mit lebendig poetischen Sinne aufgefasst und zugleich mit einem eigenthümlich feinen Stylgefühle in Formen und Farben durchgeführt.“[2]
Nach dem Tode des Vaters zog sie mit ihrer Mutter in die unmittelbare Nähe ihres Bruders, der inzwischen zum Professor für Kunstgeschichte und zum Referenten in Kunstangelegenheiten im Kultusministerium in Berlin avanciert war und einen literarischen Salon unterhielt. Zu seinen bedeutendsten Mitgliedern gehörten Jakob Burckhardt, Theodor Fontane, Emmanuel Geibel, Paul Heyse und der Maler Adolph von Menzel. Luise K. behauptete in diesem Kreis eine eigenständige Position.
Sie war nicht Muse, sondern ging selbst den Musen nach. Sie malte und skizzierte und war darüber hinaus eine Diskussionspartnerin, die weder mit eigener Meinung noch mit Kritik zurückhielt. Sie war die Erste, die die neuen Werke der Dichter oder die Interessensgebiete der Historiker kennenlernte. Sie nahm teil an den Prozessen der Entstehung von Werken und hörte Lyrik vor ihrer Veröffentlichung.
Ihre Nichte Margarethe hatte Paul Heyse geheiratet. Heyse schrieb über Luise: „Kuglers Schwester Luise, äußerlich ohne jede Anmut, mit lebhaften, derben Bewegungen ihre Reden begleitend, eine echt pommersche Frohnatur, dabei mit einem zarten Sinn für alles Künstlerische begabt, wie sie es denn auch im Blumenmalen und Dekorieren von Kunstblättern zu nicht geringer Fertigkeit gebracht hatte. Sie wohnte mit ihrer trefflichen, alten Mutter in einem Hause, das dem Hitzig-Kuglerschen gerade gegenüber lag, brachte all ihre Abende in der brüderlichen Familie zu, vergötterte die Kinder, tat der Schwägerin alles Liebe und Gute an und nahm an den poetischen Gastgeschenken, die die Hausfreunde lieferten, begierig teil, einen nach dem andern im Profil in ihr Album zeichnend. Alle liebten sie und verkehrten, beim größten Respekt vor der Grundliebenswürdigkeit und Tüchtigkeit ihres Naturells, weit zwangloser mit ‚Tante Ihßy‘ als mit der Herrin des Hauses.“[3] Hier fertigte sie auch eine Reihe von Porträts der Familienmitglieder wie auch der Gäste für ihr Porträtalbum an.
1847 hatte sie bereits den Dichter Emmanuel Geibel, den sie auch porträtiert hatte, um einen orientalischen Stoff gebeten, zu dem sie mit Albertine von Hochstetter Illustrationen anfertigen wollte. Es entstand „Morgenländischer Mythus“, 15 Blätter mit Gedichten und Illustrationen. Die Blumen sind von ihr, die Figuren von Albertine gestaltet.[4] Sie erregten, als sie auf der Akademischen Ausstellung in Berlin gezeigt wurden, so viel Aufsehen, dass sie von der Kaiserin Alexandra Feodorowa von Russland, geb. Prinzessin Charlotte von Preußen, gekauft wurden.[5] Diese schenkte die Blätter der Großherzogin von Mecklenburg, die eine Ausgabe in Farbdruck erlaubte, die 1855 erschien und als eine große Kostbarkeit galt.[6] Von gleichem Rang ist auch das für den Druck konzipierte Album „Regen und Sonnenschein“, das 1866 zu Gedichten unterschiedlicher Autoren erschien.
Im September des Jahres 1849 beendete Luise Kugler ihren Berliner Aufenthalt und siedelte mit ihrer Mutter nach Bremen über. Sie folgte dem Angebot des Kaufmanns Adolf Meyer, dessen mexikanische Frau verstorben war, stand seinem Haushalt vor und übernahm die Erziehung der vier verwaisten Kinder, insbesondere der Tochter Felicie, die später den Senator und Dichter Otto Gildemeister heiratete. Es war für Luise Kugler ein schwerer und für ihre persönliche Entwicklung und künstlerische Entfaltung nachteiliger Schritt. Es war ein Abschied aus gewachsenen verwandtschaftlichen Kreisen und hochanregenden freundschaftlichen Beziehungen in die Zurückgezogenheit der Familie und zugleich ein Weg aus der sich entfaltenden geistigen Metropole in die Provinz.
Nach der Verheiratung von Felicie Meyer 1863 verlor Luise Kugler ihre Funktion als Pflegemutter und Erzieherin und damit auch ihre materielle Basis. Sie versuchte sich neu zu orientieren, ging zunächst nach München, um in der Nähe ihrer Verwandten zu sein und lebte dort kärglich am Rande des Existenzminimums in einem winzigen „Logis“. 1863 kehrte sie nach Bremen zurück. Sie brachte einen Gedichtband heraus, den sie bereits kurz nach ihrer Übersiedlung nach Bremen 1849 konzipiert hatte. Neben diesem „Spruchgarten“ mit Illustrationen veröffentlichte sie noch 1863 ein Spruchbuch ohne Illustrationen, das fünf Auflagen erlebte, und 1872 „Die vier Jahreszeiten“. Ihre Existenz konnte sie damit nur mühsam sichern, so dass sie auf Erteilung von Privatunterricht angewiesen war und wohl auch auf dezente Hilfen der ihr bis zum Tode beistehenden Familie Gildemeister. Kränkelnd vereinsamte sie, „lebte“ durch Korrespondenz und aufgemuntert insbesondere durch ihre Freundin „Molly“, die Malerin Amalie Murtfeldt. Luise Kugler starb von der Öffentlichkeit unbemerkt im Alter von 73 Jahren.
Publikationen:
Spruch-Garten Sammlung schöner Sprüche von Dichtern und Denkern aller Zeiten. Eröffnet v. Paul Heyse. Berlin 1863
Morgenländischer Mythus gedichtet von E. Geibel, mit Randverzierungen von L.Kugler und A. von Hochstetter, Berlin 1865
Regen und Sonnenschein, Berlin 1866
Spruch-Buch, Bremen 1869 (Erstauflage)
Die vier Jahreszeiten 1872
Porträtalbum Luise Kugler
Hannelore Cyrus
Anmerkungen:
[1] Lexikon der Künstlerinnen 1700-1900: Deutschland, Österreich, Schweiz, S.258.
[2] ebda.
[3] Heyse, Paul, Bd.3.
[4] Bremische Biografien, S.271.
[5] Neue Preußische (Kreuz) Zeitung, S.2.
[6] Wie Anm.1.
Literatur und Quellen:
Bayerische Staatsbibliothek München: Signatur: Heyse-Archiv I.33. Kugler, Luise (17 Briefe).
Bremische Biografien des 19.Jahrhunderts, Bremen 1912, S.271.
Heyse, Paul, Gesammelte Werke. Jugenderinnerungen und Bekenntnisse. Bd.3, Stuttgart – Berlin-Grunewald 1900.
Lexikon der Künstlerinnen 1700-1900: Deutschland, Österreich, Schweiz, S.258.
Neue Preußische (Kreuz) Zeitung Nr.94, Berlin 24.4.1855.
Petzet, Erich (Hrsg.): Der Briefwechsel von Emanuel Geibel und Paul Heyse, München 1922.
Westphal, C.: Ein Stettiner Album des 19.Jahrhunderts, in: Baltische Studien Neue Folgen 56 in der Gesamtreihe 102, Hamburg 1970, S.79-84.