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Seggern, Marie von (1884 – 1973)

16.7.1884 in Lehe – 16.2.1973 in Bremerhaven

Die Maurerstochter Marie Schliep kam schon in jungen Jahren mit der Arbeiterbewegung in Berührung. Zunächst als Plätterin und Hausgehilfin tätig, bewarb sie sich 1902 beim damals gegründeten Konsum-Verein für Bremerhaven und Umgegend[1] um eine ausgeschriebene Stelle und wurde damit die erste festangestellte Verkäuferin der Genossenschaft.

1908, drei Jahre nach der Heirat mit dem Tischler Johann (Jonny) von Seggern, trat sie in die SPD ein. Dort engagierte sie sich u.a. für Frauenfragen; so nahm sie 1919 als Delegierte an der ersten Frauenkonferenz in Weimar teil. Mit der Einführung des Frauenwahlrechts begann auch ihre politische Karriere. Enge Weggefährtin von Gerhard van Heukelum, zog sie 1919 als eine von zwei Frauen für die Mehrheitssozialdemokraten in die Bremerhavener Stadtverordnetenversammlung ein, der sie bis zum Ausschluss der SPD-Mitglieder durch die Nationalsozialisten im Juni 1933 angehörte. Dort setzte sie sich, vor allem im Wohnungs- und Wohlfahrtsausschuss, ebenso wie in Einrichtungen der freien Wohlfahrtspflege, vor allem für soziale Belange ein. 1920 gehörte sie gemeinsam mit Mathilde Rupperti zu den Gründungsmitgliedern der Arbeiterwohlfahrt Bremerhaven (AWO), unter deren Vorsitz diese einen raschen Aufschwung nahm.

Zur Zeit des Nationalsozialismus verfolgt und kurzzeitig inhaftiert, gehörte sie 1945 zu den Frauen der ersten Stunde, u.a. als Gründungs- und Vorstandsmitglied der wiederbegründeten SPD. Zunächst zum Mitglied der ersten, von der Militärregierung ernannten Stadtvertretung berufen, wurde sie 1947 und dann wieder 1951 zur Stadtverordneten gewählt; von 1948 bis 1951 bekleidete sie das Amt einer Beisitzerin des Stadtverordnetenvorstehers. Wegen eines Beinleidens legte sie aber 1952 das Mandat nieder. Von 1947 bis 1951 nahm sie auch ein Mandat als Mitglied der Bremischen Bürgerschaft wahr. In beiden Gremien wandte sie sich erneut vorrangig den Bereichen Wohlfahrtswesen, Gesundheit und Schule zu.

Seit 1948 verwitwet, war sie über ihre parlamentarische Tätigkeit hinaus bis ins hohe Alter auch wieder in der freien Wohlfahrtspflege aktiv, so insbesondere in der 1946 wiederbegründeten Arbeiterwohlfahrt. In diesem Zusammenhang nahm sie auf die Schaffung und den Ausbau verschiedener sozialer Einrichtungen wie Kindergärten, Altenbegegnungsstätten, Lehrlingswohnheim Einfluss.

Für ihre Verdienste wurde sie mehrfach gewürdigt. Die Stadt Bremerhaven ehrte sie 1952 mit der Ernennung zur Stadtältesten, die Bremerhavener AWO später mit dem Ehrenvorsitz und 1970 mit der Verleihung der Marie-Juchacz-Plakette, und seit dem gleichen Jahr trägt das ehemals städtische Seniorenheim in der Wurster Straße ihren Namen.

Anmerkungen
[1] seit 1908: Konsum- und Sparverein „Unterweser“.

Literatur und Quellen
Bickelmann, Hartmut (Hrsg.): Bremerhavener Persönlichkeiten aus vier Jahrhunderten, Bremerhaven 2.Aufl. 2003, S.320-321, Erstveröffentlichung.
25 Jahre Konsum- und Sparverein Unterweser, Brhv.1927, S.13-14.
75 Jahre AWO, in: AWO. Mit Herz für Bremerhaven, 16.Jg.Nr.2 (Juni-Aug.1995), S.1-17, hier S.3 u. 9.

Dr. Hartmut Bickelmann