21.8.1918 in Bremen – 11.11.1986 in Bremen
Hannelore Metta-Luise Weber war die Tochter eines Gärtnermeisters. 1939 bestand sie am Kippenberg-Gymnasium das Abitur, studierte dann in Hamburg, Freiburg und an der damaligen Reichsuniversität Straßburg Geografie im Hauptfach und Biologie und Geschichte in den Nebenfächern. Wegen der Kriegsereignisse tagte die Prüfungskommission der Universität Straßburg in Göttingen, wo sie im Februar 1945 die wissenschaftliche Prüfung für das Lehramt an höheren Schulen bestand. Zum Studienseminar zur weiteren Ausbildung wurde sie in Bremen nach Kriegsende zunächst nicht zugelassen, da Unklarheit über ihre Haltung zum Nationalsozialismus bestand. Sie war während ihres Studiums von 1940 bis 1943 im Rahmen des NS-Studentenbundes in der Arbeitsgemeinschaft nationalsozialistischer Studentinnen (ANST) in verschiedenen Funktionen aktiv gewesen. Sie erklärte das damit, dass ihre Eltern sie anfänglich nicht unterstützen konnten und mit der Übernahme dieser Funktionen der Erlass sämtlicher Gebühren verbunden gewesen sei. Als ab 1943 ihre Eltern die Finanzierung ihres Studiums übernahmen, habe sie die ANST-Tätigkeiten aufgegeben.
Auf Anforderung ergänzte Hannelore Weber ihren Fragebogen, den auf Anordnung der amerikanischen Militärregierung alle über 18jährigen ausfüllen mussten, um nähere Angaben im Zusammenhang mit einem Osteinsatz im besetzten Polen im Jahre 1942, zu dem sie als Studentin verpflichtet worden war, und einem Aufenthalt in Litauen 1943. Ihre Auskünfte und die Aussagen einiger vertrauenswürdiger Persönlichkeiten, die ihr und ihren Eltern eine eindeutige Anti-Nazi-Haltung bescheinigten, erschienen der Schulbehörde einleuchtend. Sie erhielt also im März 1946 die Zulassung zum Studienseminar, so dass sie als Referendarin in den bremischen Schuldienst eintreten konnte. Nach erfolgreicher Beendigung des Referendariats wurde sie 1948 als Studienassessorin der Oberschule für Mädchen an der Karlstraße (existiert nicht mehr) zugeteilt. Im selben Jahr heiratete sie Dr. Heinz Spies, im Juni 1950 wurde ihr Sohn Bernhard geboren.
In einem längeren Briefwechsel mit Schulbehörde und Personalamt (heute Performa Nord) in den Jahren 1951/52 beschwerte sich Hannelore Spies darüber, dass sie nicht wie andere Studienassessoren zur Studienrätin ernannt worden war. Ihre Hartnäckigkeit hatte schließlich Erfolg: Sie erhielt ihre Ernennungsurkunde zur Studienrätin im August 1952 – und stellte einen Monat später den Antrag auf Entlassung aus dem bremischen Schuldienst zum 31.10. Ihr Entschluss, den Schuldienst aufzugeben, um sich mehr Haushalt und Familie zu widmen, hatte schon länger bestanden; vorher wollte sie aber noch gern die Ernennung zur Studienrätin in der Tasche haben.
Sie bekam noch ein zweites Kind, eine Tochter, aber das Hausfrauen- und Mutterdasein füllte sie auf die Dauer nicht aus. Deshalb engagierte sie sich politisch und trat in die CDU ein. Ihre Fähigkeiten wurden erkannt, und so wurde sie auf einem günstigen Listenplatz als Kandidatin für die Bürgerschaftswahl 1967 aufgestellt. Nach erfolgreicher Wahl zog sie in das bremische Landesparlament ein und blieb wie Eva Schütte drei Wahlperioden lang, von 1967 bis 1979, Abgeordnete. Innerhalb der CDU-Fraktion war sie hauptsächlich für Bildungsfragen zuständig und redete auch fast ausschließlich im Plenum dazu. In der in diesen Jahren aufkommenden Diskussion um Gesamtschulen gestand sie zwar – wie die gesamte CDU – Schulversuche zu, lehnte aber eine Einführung der Gesamtschule als Regelschule ab, sondern hob vielmehr die bildungspolitische Bedeutung der Gymnasien hervor.
Um frauenpolitische Fragen kümmerte sich Hannelore Spies – zum Teil zeitgleich mit ihrer Abgeordnetentätigkeit – wie Eva Schütte vor ihr im vorparlamentarischen Raum in dem seit 1946 existierenden überparteilichen Bremer Frauenausschuss (BFA). Denn in den Bürgerschaftssitzungen standen zu dieser Zeit frauenpolitische Themen so gut wie nie auf der Tagesordnung. Im Vorstand des BFA, zunächst als Beisitzerin, dann lange Jahre als Vorsitzende (1973-1979 und 1981-1983) lag ihr daran, Frauen zur Mitarbeit in gesellschaftspolitischen Fragen zu motivieren. Auch wollte sie die Interessen von Frauen stärker in der Öffentlichkeit zu Gehör bringen. Der BFA sollte als Landesfrauenrat wie in anderen Bundesländern zum Hauptansprechpartner der Landesregierung in allen politischen Frauenangelegenheiten werden. Mit Erfolg wehrte sie sich dagegen, dass der Bremer Frauenausschuss als angeblich gesellschaftlich irrelevant nicht mehr im Rundfunkrat von Radio Bremen vertreten sein sollte. Im März 1980 wurde sie als Nachfolgerin von Annemarie Mevissen als eine der beiden Vertreterinnen des BFA in den Rundfunkrat von Radio Bremen gewählt. Als eine der wichtigsten Aktionen des BFA im Jahr 1976 bezeichnete sie die Veranstaltung eines öffentlichen Hearings zum Thema „Misshandelte Frauen“. Sie sah in dieser Initiative mit den Grund dafür, dass Polizeidienststellen und Beratungszentren in Bremen Zufluchtsadressen für Frauen in Notlagen erhalten hatten.[1]
Bei allem frauenpolitischen Engagement – von der Neuen Frauenbewegung distanzierte sie sich – die war ihr zu schrill und zu fordernd. „Wir sind engagierte Frauengruppen, aber wir setzten uns ab von den Feministinnen“, sagte sie anlässlich eines Treffens mit englischen Frauenverbänden.[2] Im Zusammenhang mit dem „Jahr der Frau“ 1975 glaubte sie „eine Art Neubesinnung“ zu spüren, „ denn Emanzipation ist nicht gleich Berufstätigkeit und Emanzipation heißt nicht, alle Rechte an sich zu reißen.“[3]
Als sie 1983 vom Amt der Vorsitzenden des BFA zurücktrat, muss sie schon krank gewesen sein. Ein Jahr später widerfuhr ihr noch eine große Ehre.
Im Namen des BFA hatte nämlich ihre Nachfolgerin Rosemarie Steffen sie ebenso wie ihre Vorgängerin im Vorsitz, Eva Schütte, für die Verleihung eines Bundesverdienstkreuzes vorgeschlagen. Die Anregung hatte Erfolg und so verlieh Bürgermeister Koschnick ihr im Namen des Bundespräsidenten im Oktober 1984 in der Güldenkammer des Bremer Rathauses das Bundesverdienstkreuz 1.Klasse.[4] Sie habe „einen wichtigen staatsbürgerlichen Beitrag im Sinne der Gleichstellung der Frau im politischen und gesellschaftlichen Leben“ geleistet, hieß es in der Vorschlagsbegründung der Senatskanzlei. Sie habe sich „trotz ihrer Belastungen durch die Familie und durch die parlamentarische Arbeit stets unermüdlich für die Vertretung der Rechte der Frauen im Lande Bremen eingesetzt“.[5]
Zwei Jahre später starb sie im Alter von nur 68 Jahren. Bürgerschaftspräsident Klink hob in einem Nachruf ihre „Glaubwürdigkeit“ und ihr „sachgerechtes Augenmaß“ hervor, das sie auch „in der schärften Kritik zu wahren wußte.“[6]
In Bremen-Osterholz, wo sie bis zuletzt in der Osterholzer Heerstraße wohnte, ist eine kurze Straße nach ihr benannt.
Anmerkungen
[1] WK 19./20.3.1977 – Das erste Bremer Frauenhaus wurde 1977 von dem Verein „Frauen helfen Frauen“ gegründet und öffentlich unterstützt. WK Regionale Rundschau 28.3.1977; WK 15.11.1977; WK 31.1.1978.
[2] WK 8.6.1978.
[3] WK 27./28.12.1975.
[4] WK 4.10.1984.
[5] StAB 4,63/1-111-22/1-497.
[6] WK 12.11.1986.
Literatur und Quellen
Bremische Bürgerschaft (Hrsg.): Die NS-Vergangenheit früherer Mitglieder, Bremen 2014, S.101.
Handbücher der Bremischen Bürgerschaft 7. bis 9.Wahlperiode.
Plenarprotokolle der Bremischen Bürgerschaft (Landtag) 7. bis 9.Wahlperiode.
StAB 4,111 Pers 5404 (Personalakte).
StAB 4,63/1-111-22/1-497 (Ordensangelegenheiten).
Weser Kurier digitales Zeitungsarchiv.
Dr. Renate Meyer-Braun