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Ich fühl mich wie ein Schmetterling

Theresia Gerding: Papierschnitt-Collagen

Ausstellung: bis 22. August 2019
Ausstellungsgespräch mit der Künstlerin: Mi 26. Juni 2019, 17.00 – 18.30 Uhr

Die Papierschnitt-Collagen der Künstlerin wirken leicht – wie Schmetterlinge – und doch stark im Ausdruck. Die Collagen werden aus einzelnen Teilen älterer Bilder und Drucke der Künstlerin zusammengesetzt wie z.B. aus einzelnen Holzdrucken, die zu einem Ensemble arrangiert sind.

Theresia Gerding: Paar in Rot

Wer Schmetterlinge lachen hört,
der weiß, wie Wolken schmecken.
Der wird im Mondschein,
ungestört von Furcht,
die Nacht entdecken.
Der wird zur Pflanze,
wenn er will,
zum Tier, zum Narren, zum Weisen.
Und kann in einer Stunde
durchs ganze Weltall reisen.

Dieser Text von Carlos Klages (Songwriter der Rockgruppe Novalis) führt uns direkt ein in die Arbeitsweise und den Ausdruck der Arbeiten von Theresia Gerding.

 

Im scherenschnitthafte Vorgehen werden schon gedruckte Vorlagen zerschnitten und neu arrangiert. Oft zeigen die Motive einzelne Elemente, die – ohne eine direkte Verbindung zu haben – ein fragiles Wesen darstellen, das von unsichtbaren Fäden gleich einer Marionettenfigur zusammengehalten werden oder beim nächsten Windstoß sich auflösen könnte. Durch die Dekonstruktion alter Arbeiten bzw. Materialien werden von der Künstlerin auch alte Vorstellungen von dem, was zuvor ausgedrückt wurde, zerstört und ausdruckstarke Teile in eine neue Form gebracht. Das Ausschneiden und Zusammenfügen erlebt die Künstlerin ähnlich wie die Arbeitsweise bei ihren Skulpturen und Objekten: Das freie Ausschneiden einer Figur ist wie das Bildhauern aus einem Block. Das Zusammenfügen aus einzelnen Teilen ähnelt dem Verbinden von Fundstücken zu einer Figur. Allerdings entsteht beim Schneiden mehr Leichtigkeit, es entspricht mehr der geistigen Beschäftigung mit der Bildhauerei. Eine Verwandtschaft mit der Malerei entsteht durch die Verwendung von farbigen Papieren mit malerischer Struktur.

Die Papierschnitt-Collagen zeugen von Wachstum (Pflanzen und Blätter), von Bewegung (entsprechende Positionierung der Körper und Gliedmaßen im Bild), manche Figuren scheinen zu schweben oder sich aufzulösen. Einige Arbeiten wirken wie Bausätze aus einem Spielzeugkasten. Immer bleibt aber etwas offen für freie Assoziationen.

Die Künstlerin nutzt ihren großen Fundus an Materialien wie bemalte und bedruckte Papiere, Zeitungsauschnitte und weitere Produkte aus Papier und zeigt ihren unglaublich freien Umgang damit. Dies setzt auch eine rege Sammlertätigkeit voraus. Theresia Gerding findet diese Materialien in ihrem Alltag, bei ihren Reisen, auf dem Flohmarkt oder bei Freunden. Sie sammelt und sichtet sie, ordnet, dekonstruiert und setzt sie neu zusammen. Ihr spielerischer Umgang damit ist der einer Bastlerin. Basteln im Zusammenhang mit Kunst wird im Kunstbetrieb häufig negativ konnotiert, als wäre dies ein laienhaftes, nicht künstlerisches Vorgehen.

Der Ethnologe Claude Lévi-Strauss jedoch beschrieb in seinem Buch „Das wilde Denken“ das Vorgehen eines Bastlers so: „Der Bastler macht seine Arbeit nicht davon abhängig, ob ihm Rohstoffe oder Werkzeuge erreichbar sind, die je nach Projekt geplant und beschafft werden müssten: die Welt seiner Mittel ist begrenzt, und die Regel seines Spiels besteht immer darin, jederzeit mit dem, was ihm zur Hand ist, auszukommen, d.h. mit einer stets begrenzten Auswahl an Werkzeugen und Materialien, die überdies noch heterogen sind, weil ihre Zusammensetzung in keinem Zusammenhang zu dem augenblicklichen Projekt steht, wie überhaupt zu keinem besonderen Projekt, sondern das zufällige Ergebnis aller sich bietenden Gelegenheiten ist, den Vorrat zu erneuern oder zu bereichern oder ihn mit den Überbleibseln früherer Konstruktionen oder Destruktionen zu versorgen.“

Dieses Vorgehen werden Sie in den ausgestellten Arbeiten von Theresia Gerding nachvollziehen können. Steigen Sie ein in diese spannende Arbeitsweise und entdecken Sie – um mit Carlos Karges zu sprechen- in einer Stunde das Weltall der künstlerischen Arbeiten von Theresia Gerding.

Der Künstlerin einen herzlichen Dank für diese spannende Ausstellung.

Anka Bolduan

Ausstellungsgespräch mit der Künstlerin:

Mittwoch, 26. Juni 2019 – 17:00 Uhr