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Katz, Inge (*1924)

Inge Berger, geb. Katz (*1924) ist eine Bremer Holocaust Überlebende und Namensgeberin der Inge Katz Schule in der Bremer Neustadt.

Inge Katz wurde 1924 als einzige Tochter von Carl und Marianne Katz in Bremen geboren. Sie bewohnte mit ihren Eltern und ihrer Großmutter Rosa Grünberg ein Haus in der Isarstraße 33 und besuchte die damalige Mädchenschule an der Delmestraße, die später zum Schulzentrum Neustadt wurde und heute ihren Namen trägt. Inge und ihre Cousine Ruthie Cohn gehörten zu den wenigen jüdischen Kindern ihrer Schule und waren die einzigen in ihrer Klasse. Nach Hitlers Machtergreifung wurden Diskriminierung und Schikane Alltag für die beiden Mädchen. Sie durften nicht mehr in den Turnverein gehen, nicht auf Klassenfahrt fahren, wurden in der Schule gemieden und von den Lehrkräften in die letzte Bankreihe versetzt. Der Schuldirektor, ein offener NS-Befürworter, der die Klasse in Geschichte unterrichtete, hielt regelmäßig antisemitische Reden vor den Schülerinnen. Am Ende pflegte er dann zu sagen: „Damit sind natürlich nicht Inge und Ruthie gemeint.“[1] Diese Erinnerungen verfolgen die mittlerweile (2022) 98-jährige Inge Berger bis heute.

Wenige Monate nach der Reichspogromnacht, bei der auch das Haus der Familie Katz angegriffen wurde, zog die 14-jährige Inge zu ihrer Tante nach Berlin. Dort konnte sie ihre Ausbildung zur Schneiderin fortsetzen, die sie und Cousine Ruthie 1938 begonnen hatten. Doch Carl Katz wollte seine Familie in seiner Nähe wissen und holte Inge 1940 nach Bremen zurück. In den nächsten zwei Jahren musste sich die Familie Katz ein „Judenhaus“ mit mehreren Familien teilen.

Dieser neue Alltag war von kurzer Dauer. Ende des Jahres 1941 wurden zuerst Ruthie und ihre Eltern deportiert. Jahre später erfuhr Inge, dass sie nur wenige Tage später erschossen worden waren. Im darauffolgenden Jahr, einen Monat nach ihrem 18.Geburtstag, wurden auch Inge und ihre Familie in das Ghetto Theresienstadt deportiert, wo ihre Großmutter Rosa Grünberg kurz nach ihrer Ankunft verstarb. Inge begann, heimlich ein kleines Notizbuch zu führen, in welches sie all die Namen jener schrieb, die in dem Ghetto starben. Im Gegensatz zu Inge waren viele allein, ohne ihre Familien, und Inge wollte deren Namen in Ehren halten und dafür sorgen, dass ihre Anwesenheit nicht vergessen würde. In Theresienstadt begegnete Inge im Alter von achtzehn Jahren ihrem späteren Ehemann Schmuel Berger. Der tschechische Jude arbeitete in der Bäckerei des Ghettos. Er brachte Inge und ihrer Familie heimlich das zusätzliche Brot, das er mitnehmen durfte. Er wurde 1944 erst nach Auschwitz, dann weiter nach Dachau deportiert. Nach der Befreiung des Lagers im Mai 1945 kehrte die Familie Katz nach Bremen zurück. Nachdem Schmuel Inge 1946 ausfindig gemacht hatte, heirateten Inge und Schmuel und wanderten in die USA aus. Sie hatten zwei Töchter, die sie Hanna und Ruthie, nach Inges Cousine, nannten. Schmuel verstarb 2006, Inge lebt heute noch immer in New York. Sie hat fünf Enkelkinder und acht Urenkel. Eine ihrer Enkeltöchter, Elise Garibaldi, schrieb ein Buch über die Liebesgeschichte von Inge und Schmuel sowie ein weiteres über ihren Urgroßvater Carl Katz.

Mit der Umbenennung des ehemaligen Schulzentrums Neustadt in Inge Katz Schule sollte ein sichtbares Zeichen gegen Ausgrenzung gesetzt werden. Zunächst war dieser Vorschlag umstritten, da öffentliche Einrichtungen üblicherweise nicht zu Lebzeiten nach einer Person benannt werden. Schließlich erteilte der Senat 2019 die Erlaubnis.[2] Das Motto der Schule lautet: „Bei uns sitzen alle in der ersten Reihe.“ Bei dem Besuch einer Tochter von Inge und ihrem Cousin in der Inge Katz Schule wurde ein Bild von Inge und Ruthie in die erste Bankreihe gestellt und dies in einem Foto festgehalten. Auf der Homepage der Schule ist eine kurze Tonspur hinterlegt, in der Inge sagt: „Dass ihr nach 80 Jahren meine Erlebnisse in der Schule in der Delmestraße und in Bremen in Erfahrung bringen wollt, zeigt mir, dass ihr auf der Hut sein werdet, dass Menschen, nur weil sie einen anderen Glauben haben, nicht misshandelt werden.“

Yeliz Elze

Literatur
Garibaldi, Elise: Roses In A Forbidden Garden: A Holocaust Love Story, 2016, deutsch: Rosen in einem verbotenen Garten, 2019

Garibaldi, Elise: Never Enough, The Karl Katz Story, 2021

Homepage Inge-Katz-Schule – Berufsbildende Schule für Sozialpädagogik und Hauswirtschaft, URL: https://www.iks-bremen.de/start.

Anmerkungen
[1] Original-Video von Inge Katz aus 2019: https://youtube/t2TK7wMd3eA.
[2] Weser-Kurier 11.12.2019: Bremer Senat macht Umbenennung möglich – Schulzentrum Neustadt heißt nun Inge Katz Schule.