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Ahrens, Käte (1877 – 1957)

25.6.1877 in Emden – 4.6.1957 in München

Sozialdemokratin, Mitglied im Arbeiter- und Soldatenrat, später marxistisch-kommunistische Aktivistin

Käte Ahrens wurde 1877 in Emden geboren.[1] Über ihr Privatleben wissen wir praktisch nichts, mit Ausnahme der Tatsache, dass sie mit ihrem Parteigenossen Hugo Wahl (1884-1948) zusammenlebte. Zu ihrem politischen Werdegang existiert keine Gesamtdarstellung, es finden sich nur in verstreuten Quellen isolierte Zitate.

Eine erste Erwähnung stammt aus dem Jahre 1913. Ein Zeitgenosse erinnert sich in seinen Memoiren, dass sie auf dem Frauentag 1913 gesprochen habe. Am 4.März 1913 fand nach 1911 der dritte Frauentag in Bremen statt, deklariert als „Große Frauen-Demonstrationsversammlung zur Erringung des Frauenwahlrechts“. Nachgewiesen sind als Rednerinnen allerdings nur Grete Simon und Helene Schweida (später Kaisen).

Dass Käte während des ersten Weltkriegs auf der Seite der Kriegsgegner stand, erkennt man daran, dass sie Deserteure in ihrer Wohnung versteckt haben soll.

Erst 1916 hören wir wieder etwas von ihr, nämlich als sie für eine Neuorientierung der sozialdemokratischen Jugendbewegung „Junge Garde“ im Sinne einer stärkeren Politisierung plädierte.

Mehrfach wird erwähnt, dass sie 1916 verurteilt wurde. Genaueres ist leider nicht bekannt.

Es ist gut möglich, dass sie Johann Knief in der Jugendbewegung kennen lernte. Er war neben ihrem Partner Hugo Wahl ihr wichtigster Weggefährte.[2] Knief galt als der theoretische Kopf der Bremer Linksradikalen, eines anfangs noch losen Zusammenschlusses von links-marxistisch orientierten SPD-Mitgliedern. Sie schloss sich der Gruppe an und unterstützte Knief künftig bei all seinen Unternehmungen; sie war sozusagen seine rechte Hand, blieb aber meist im Hintergrund. Immer wieder hören wir eher beiläufig, dass sie an einer Unternehmung teilnahm. Als es 1916 zum Bruch zwischen Knief und dem Redakteur der Bremer Bürgerzeitung Adolf Henke kam, ausgelöst durch den im Streit um den Kurs der SPD und deren Anerkennung der Kriegskredite, den sog. Burgfrieden, gründete Knief das Konkurrenzblatt „Arbeiterpolitik“. Hier spielte Käte Ahrens eine wichtige Rolle. Welche Position sie genau innehatte, wird nicht klar; leitete sie nur den Vertrieb oder war sie verantwortliche Schriftleiterin? Es gibt kein Impressum, nur am Ende jeder Ausgabe den Vermerk: „Verantwortlich Frau Ahrens“.

Hauptbeiträger waren außer Knief bremische und auswärtige kommunistisch orientierte Theoretiker. Die Geschäftsführung lag bei Lotte Kornfeld, Kniefs Lebensgefährtin. Auch Leninsche Texte wurden abgedruckt. Nach bescheidenen Anfängen war das Blatt recht erfolgreich.

Als Knief im April 1917 aus Furcht vor Verhaftung mit Lotte Kornfeld aus Bremen flüchtete und untertauchte, später aber doch verhaftet wurde, hielt Käte in Bremen die Stellung.

Am 6.November 1918 übernahm in Bremen der Arbeiter- und Soldatenrat die Regierungsgewalt. Im Arbeiterrat waren nur drei Frauen vertreten: Gesine Becker, Elise Kesselbeck und Käthe Ahrens. Alle drei waren Mitglieder der IKD (Internationale Kommunisten Deutschlands, Nachfolgeorganisation der Bremer Linksradikalen). Käte war die einzige Frau im Aktionsausschuss, der die Regierungsgeschäfte übernommen hatte. Es fällt auf, dass die Organisation den Frauen wenig Raum gab. Noch am 11.November 1918 war von der neuen Regierung eine Versammlung aller Bremer Frauen zum Thema „Die Frauen und das bremische Wahlrecht zur Bürgerschaft“ einberufen worden. Adolf Henke als Vorsitzender des Aktionsausschusses versicherte, die Gleichberechtigung werde von der Revolution wahrgemacht. Die genannten Frauen forderten dazu auf, sich im revolutionären Prozess zu engagieren. Käte sagte: „Wir wollen nicht mehr fordern, wir wollen dekretieren. Die Gesellschaft kann keinen einzigen Tag ohne Frauenarbeit existieren. Mit aller Macht müssen die Frauen darauf drängen, dass sie überall mitgewählt werden.“

Diese Hoffnung sollte sich jedoch nicht realisieren. Es meldeten sich kaum Frauen zur Mitarbeit, sie wurden aber auch nicht dazu ermutigt. Im Gegenteil: auch die „Revolutionäre“ waren noch in alten Vorurteilen befangen und neigten dazu, den Frauen politische Fähigkeiten abzusprechen. Als es um die Aufstellung der Kandidaten zur Nationalversammlung ging, nahm Alfred Henke seine Ankündigung des allgemeinen und gleichen Wahlrechts zurück. Zwar sei er unter der alten Herrschaft noch ausdrücklich für das Frauenwahlrecht eingetreten, doch brauche man dies nicht sofort wahrzumachen. Jetzt heiße es erst die eigene Macht zu festigen, bis die Gefahr der Konterrevolutionäre, wie sie jede Revolution zeitige, beseitigt sei. Tatsächlich befürchteten die Männer, Frauen würden eher bürgerlichen oder christlichen Parteien ihre Stimme geben.

Käte blieb als Mitglied der IKD treue Anhängerin Johann Kniefs. Grundsätzliche Forderungen dieser Partei waren Bewaffnung der Arbeiterschaft, die Entwaffnung und Entfernung aller bürgerlichen Elemente aus den Arbeiterräten, worunter Knief auch die Mehrheit der SPD, Senat, Bürgerschaft, etablierte Gewerkschaften und Polizei verstand. Zur Durchsetzung seiner Forderungen rief Knief am 29.11.1918 zu einer Demonstration auf, die in der Arbeiterschaft ein gewaltiges Echo fand. Zehntausende Arbeiter drängten sich auf dem Domshof. Eine Zeitung schrieb: „Von einem Balkon der Deutschen Bank aus musterte Knief seine Heerscharen, neben ihm dirigierte die Genossin Frau Ahrens durch Hand- und Armbewegung die Gesamtaufstellung.“ In seiner Ansprache sagte Knief, die Volksbewegung beginne zu einer Klassenbewegung der Arbeiter zu werden mit dem Endziel der proletarischen Diktatur. Dem in der Börse tagenden Arbeiterrat unter Adolf Henke sollte eine Resolution überreicht werden mit den Hauptforderungen: keine Beteiligung an Wahlen zur Nationalversammlung, Entwaffnung der Bourgeoisie, statt dessen Bewaffnung der Arbeiter, Übernahme der Bremer Bürgerzeitung durch den Arbeiter- und Soldatenrat. Zu der sechsköpfigen Abordnung, die die Resolution überbrachte, gehörte auch Käte. Die Demonstration war insofern erfolgreich, als die ersten beiden Punkte angenommen wurden und man Neuwahlen beschloss zum Arbeiter- und Soldatenrat mit einem neuem Wahlreglement, in dem das Wahlrecht nur Arbeitern und Arbeiterinnen über 18 Jahren, die freigewerkschaftlich oder politisch organisiert waren (also nicht bürgerlichen Parteien oder etablierten Gewerkschaften angehörten) zugestanden wurde. Ein allgemeines Frauenwahlrecht stand nicht zur Debatte,

Ende 1918 wurden Käte und Hugo Wahl Mitglied der Kommunistischen Partei Deutschlands. Die neue Partei setzte sich zusammen aus der eigentlichen KPD (Spartakusbund) und anderen Gruppen; darunter war, wie es heißt, auch ein „kleines Grüppchen um Knief und Ahrens“. Bereits kurz danach sind beide jedoch wieder aus der Partei ausgetreten.

Immer stärker machte sich bei Käte ein Trend zur Radikalisierung in Richtung marxistischer Ideologie bemerkbar. Dies äußerte sich in ihrem Beitritt zur Kommunistischen  Arbeiterpartei Deutschlands. Die KAPD war von denjenigen Mitgliedern des linken Flügels der KPD gegründet worden, die 1919 aus der Partei ausgeschlossen worden waren, da sie deren politische Ziele – Mitarbeit in den etablierten Gewerkschaften und Beteiligung an Reichstagswahlen – nicht mittragen wollten. In der Parteizeitung „Der Kommunist“ heißt es lapidar: „Kommunisten gehen nicht zur Wahl“. Käte und Hugo gehörten 1920 zu den Gründungsmitgliedern der Bremer Ortsgruppe der KAPD. Es fanden sich etwa 50 bis 100 Aktive. Käte wurde Beisitzerin, Hugo Sekretär.

Während die Gesamtpartei 1921 noch über 43000 Mitglieder zählte, verlor sie durch weitere Abspaltungen mit eher sektiererischem Charakter immer mehr an Bedeutung. Es wird berichtet, dass Käte später aus der Partei ausgetreten sei, während ihr Partner Hugo Wahl Mitglied blieb.

Über ihren weiteren Lebensweg liegen keine Daten vor. Das mehrfach angegebene Sterbedatum – 1957 in München – lässt sich nicht verifizieren.

Quellen (Auswahl)

Gerhard Engel: Johann Knief, Ein unvollendetes Leben, 2011
Elisabeth Hannover-Drück: Die Ausübung des Frauenwahlrechts in Bremen, 1991
Antonie Pannekoek Archives (www.aaap.be)
Dagmar Stuckmann: Gebt Raum den Frauen, 2011

Marion Reich (2020)

Anmerkungen:
[1] Andere Quellen geben als Geburtsjahr 1888 und als Ort Bremen an.
2] Johann Knief (1880 – 1919), ursprünglich Lehrer, 1911 aus dem Schuldienst ausgeschieden, seitdem Redakteur der Bremer Bürgerzeitung, 1916 Gründung der Zeitschrift Arbeiterpolitik, 1919 Tod als Folge einer Blinddarmoperation.